Tour de France: Miguel Angel Lopez gewinnt die Königsetappe (2025)

Der Kolumbianer gewinnt an der Tour die Königsetappe. Primoz Roglic hält mit und ist dem Gesamtsieg nähergekommen, die Entscheidung fällt wohl am Samstag in einem 36 Kilometer langen Einzelzeitfahren.

Tour de France: Miguel Angel Lopez gewinnt die Königsetappe (1)

Er ist der Mann für spektakuläre Aktionen, in jeglicher Hinsicht. Als 16-Jährigem gelang es Miguel Ángel López bei einem Training in der kolumbianischen Heimat, mit Messern bewaffnete Diebe in die Flucht zu schlagen. Er konnte verhindern, dass die Gauner sein Velo entwendeten. Kurz darauf trat er mit seinem geliebten Sportgerät an einem wichtigen Nachwuchsrennen an, der Vuelta a Colombia Juventud. Dort nahm der Ansager Bezug auf den Vorfall und sagte, López fliege die Berge hinauf wie Superman.

Damit war sein Spitzname gefunden. Und er hat sich so sehr eingebürgert, dass ihn kolumbianische Journalisten heute sogar verwenden, wenn sie den Radprofi ansprechen. Sie fragen zum Beispiel: «Superman, wie fühlst du dich?»

López neigt zur Tollpatschigkeit, was dazu führt, dass er sein grosses Potenzial nicht immer ausschöpfen kann. Als es an der Auftaktetappe der Tour de France so heftig regnete, dass die Strassen rutschig waren wie Glatteis, vereinbarten die Fahrer in einer Abfahrt einen Nichtangriffspakt. López foutierte sich mit seinen Teamkollegen um die Abmachung und attackierte. Darauf verlor er in einer Kurve die Kontrolle und prallte frontal gegen ein Verkehrsschild.

Der unvorteilhafte Bluff

Am Mittwoch, in der Königsetappe, stimmte sein Timing jedoch perfekt. Unauffällig fuhr er weit hinten in der Spitzengruppe mit, als das Team Bahrain am Col de la Madeleine das Tempo bestimmte. Weise verzichtete er auf Harakiri-Aktionen in der Abfahrt, und als Bahrain in den ersten Kehren des Col de la Loze immer noch vorausfuhr, blieb er zurückhaltend. Die offensive Taktik des Teams Bahrain entwickelte sich zum Rohrkrepierer: Knapp vier Kilometer vor dem Ziel verlor sein Captain Mikel Landa den Anschluss an die Spitze. Die Helfer hatten nicht wie erhofft die Konkurrenz müde gefahren, sondern den eigenen Chef. Landa leistete sich einen unvorteilhaften Bluff.

Nicht nur dem Spanier, sondern auch den Kolumbianern drohte ein schwarzer Tag. Schon viel früher, im unteren Teil des Madeleine, wurde Nairo Quintana das Tempo zu hoch. Der Vorjahressieger Egan Bernal war am Morgen nicht einmal mehr angetreten, seine Equipe Ineos nahm ihn aus dem Rennen. Fast zeitgleich mit Landa musste sich dann auch noch Rigoberto Urán zurückfallen lassen, der vor der Etappe im dritten Gesamtrang gelegen hatte.

Das Quartett, das die Hoffnungen der kolumbianischen Fans tagelang beflügelt hatte, dezimierte sich innerhalb weniger Stunden auf López. Diesem gelang es, im richtigen Moment zuzuschlagen. Als Einziger reagierte er knapp drei Kilometer vor dem Ziel auf eine kurze Tempoverschärfung von Sepp Kuss, einem Helfer des Gesamtführenden Primoz Roglic. Während sich Kuss rasch zurückfallen liess, jagte López in den bis zu 24 Prozent steilen Schlusskehren plötzlich allein dem Ziel entgegen.

Der Superman düpierte die Favoriten. Sowohl Roglic als auch der Gesamtzweite Tadej Pogacar hätten sich am Mittwoch gerne den Tagessieg und die damit verbundene Zeitgutschrift gesichert. Aber die beiden Slowenen kamen auf dem Weg zum höchsten Punkt der diesjährigen Tour nicht mehr an López heran, der mit wilder Entschlossenheit die Kadenz hochhielt. Wie steil die Serpentinen waren, verriet nur das Streckenprofil, am Fahrstil von López wäre es kaum zu erkennen gewesen. Er erreichte das Ziel 15 Sekunden vor Roglic. Pogacar, der erstmals kleine Schwächen zeigte, folgte weitere 15 Sekunden später.

Pogacar bleibt optimistisch

Am Donnerstag steht die letzte Alpenetappe auf dem Programm. Bei dieser ist erneut ein Berg der höchsten Kategorie zu bewältigen, allerdings endet der Anstieg bereits 32 Kilometer vor dem Ziel. Grosse Abstände zwischen den Klassementfahrern sind unwahrscheinlich. Obwohl er López nicht folgen konnte, kam Roglic dem Gesamtsieg am Mittwoch näher. Sein Vorsprung auf seinen ersten Verfolger Pogacar beträgt nun 57 Sekunden.

Die Entscheidung fällt wohl am Samstag in einem 36 Kilometer langen Einzelzeitfahren, was noch einmal Spannung verspricht. Im Juni hatte Roglic an den slowenischen Meisterschaften im Kampf gegen die Uhr gegen Pogacar verloren. Allerdings war Roglic dort auf einer 16 Kilometer langen Strecke lediglich neun Sekunden langsamer. Er müsste am Samstag einen schlechten Tag erwischen, um das gelbe Trikot zu verlieren, sollte er dann mit einem stattlichen Vorsprung antreten. Pogacar gab sich am Mittwoch im Ziel kämpferisch: «Die Tour ist nicht vorbei, es kann immer noch alles passieren.»

López wiederum könnte in Paris ebenfalls auf dem Podium stehen. Er müsste dafür im Einzelzeitfahren seinen Vorsprung gegen zwei Disziplin-Spezialisten erfolgreich verteidigen, Richie Porte und Adam Yates, die nun Vierter und Fünfter sind. Im Gegensatz zu Pogacar verzichtete López in Méribel auf forsche Ansagen. Er sagte, er wolle die Tour einfach geniessen und schaue von Tag zu Tag. Er hörte sich nicht an wie ein Superman – immerhin war er gefahren wie einer.

Das Programm vom Donnerstag:

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